Aufgrund von Corona sind viele Inhaber von KMU verunsichert, was diese Krise bezüglich des Unternehmenswertes bedeutet. Soll man mit einem Unternehmensverkauf warten?
Dieses Interview erschien am 04. Oktober 2020 in der SonntagsZeitung.
Herr Saner, viele KMU-Besitzer fragen sich, ob ihre Firma wegen Corona an Wert verloren hat. Wie ist Ihre Einschätzung?
Ein bisher gesundes KMU hat – auch bei Umsatzeinbussen– kaum an Wert verloren. Stabile Firmen sind nach wie vor eine der besten Investitionsmöglichkeiten.
Was führt Sie zu dieser Einschätzung?
Man kann dies auch an der Entwicklung der Börsen sehen, haben sie doch fast wieder den früheren Stand erreicht. Wir sehen dies aber auch am Verhalten der Banken, welche Kredite sprechen für Firmenübernahmen. Zum einen sind die Zinsen für Darlehen beim Unternehmenskauf sehr tief, zum anderen haben die Banken während der Coronakrise die Kredite nicht reduziert.
Die meisten Firmen werden aber doch 2020 einen tieferen Gewinn erzielen als in den Vorjahren. Dies sollte doch die Berechnung des Firmenwertesnegativ beeinflussen?
Das stimmt in der Theorie. Diese Krise ist aber einmalig und hat nichts mit einer normalen Wirtschaftskrise zu tun. Man geht bei der Bewertung davon aus, dass die Firmen nach Beendigung der Krise wieder die gleichen Erträge erreichen werden wie in früheren Jahren. Die Zeit während der Krise wird bei Firmenbewertungen in der Regel ausgeblendet. Ein gesundes KMU ist für einen Nachfolger oder Käufer immer noch eine sehr attraktive Möglichkeit.
Erholen sich die Firmen denn bereits wieder?
Die meisten Unternehmen erholen sich signifikant seit dem Sommer. Wenn kein zweiter Lockdown kommt, sollten die Umsätze im 4. Quartal 2020 mindestens wieder auf dem Stand von 2019 sein.
Wir hören immer wieder, dass es jetzt besonders günstig sei eine Firma zu kaufen.
Es sind zwar wirklich Schnäppchenjäger unterwegs, die werden langfristig aber kaum erfolgreich sein. Es gibt Firmen, welche zu einem tiefen Preis zukaufen sind, aber dies sind die schwachen, welche kaum eine Existenzberechtigung mehr haben. Die gesunden Unternehmen werden die Krise überstehen. Firmen, welche ohne grösseren Schaden durch die Coronakrise kommen sind sehr gefragt. Hier wäre ein Notverkauf fehl am Platz.
Ist es jetzt ein guter Zeitpunkt einen Nachfolger zu suchen, trotz Corona?
Ein Firmenverkauf oder die Suche nach einem geeigneten Nachfolger dauert in der Regel bis zu zwei Jahre. Es sollte so früh wie möglich mit der Planung begonnen werden.
Gibt es überhaupt Kaufinteressenten in der Krise?
Das ist das Erstaunliche an der Situation. Wir werden fast überschwemmt mit Anfragen von sehr guten Kaufinteressenten. Zum einen sind es Family Offices und Investoren, welche über viel flüssige Mittel verfügen, zum anderen Personen, welche sich selbstständig machen wollen. Wir haben heute mehr Anfragen von Käufern als von Firmen, welche zum Verkauf stehen.
Was empfehlen Sie KMU-Inhabern, welche aufgrund ihres Alters eine Nachfolgelösung suchen sollten?
Wir empfehlen, sich so früh wie möglich mit dem Thema zu befassen und mit einem Spezialisten in Kontakt zu treten. In den meisten Fällen besteht ein Potenzial, den Wert der Firma durch geeignete Massnahem signifikant zu erhöhen.
Der Spezialist kennt die Faktoren, welche für einen Käufer bei der Preisermittlung entscheidend sind. Dieser Prozess dauert öfters zwei bis drei Jahre.
Warum soll ein Spezialist beigezogen werden? Ein Verkauf kann doch der Inhaber auch selbst abwickeln?
Der Inhaber kennt zwar den eigenen Markt und potenzielle Interessenten. Ein Spezialist verfügt aber über ein Netzwerk aus Kaufinteressenten und kennt die entscheidenden Punkte im Verkaufsprozess. Gerade jetzt ist es wichtig, dass mehrere Interessenten gleichzeitig angesprochen werden, um einen Käuferwettbewerb zu schaffen.
Wir stellten in der Vergangenheit oft fest, dass Firmen von Inhabern unter Wert verkauft wurden, weil sie nicht vorbereitet waren und die verschiedenen Möglichkeiten gar nicht kannten.